Entlassfeier der Klasse 9 und
der Vorbereitungsklasse 2

Rede von Schulleiter Dr. Christian Hruschka:

Abende wie diese fürchten Schulleiter. Erstens, weil sie schülerorganisiert sind und man als Schulleiter damit das Heft aus der Hand gibt. Zweitens, weil solche Momente oftmals doch sehr emotional und bewegend sind. Ich stehe nun vor dem Dilemma, dass ich Euch heute zu verabschieden habe.

Zunächst zu Euch, liebe 9+2ler:

Betritt man die Klasse, so zerfällt sie in drei Teile:  Die Philippinen, die Dominikanische Republik und das Meer der Ruhe. Vieles hat diese Klasse hier neu eingeführt, z.B. universitäre Verhaltensweisen: Gehe ich jetzt in die Veranstaltung oder nicht? Unterricht wurde als das gesehen, was Ampeln im Straßenverkehr Roms sind: Unverbindliche Angebote. In vielerlei Hinsicht blieb mir nur die Hoffnung, dass meine Restautorität bis heute abend halten würde. Ich will dies an einem kleinen Dialog, der mir, da er unmittelbar vor meinem Büro stattfand zu Ohren kam, erläutern:

Begab es sich doch zu jener Zeit dass die Jungs unserer 9+2 die Aula für einen festlichen Anlass bestuhlten. Schüler 1 zu Schüler 2: „Macht an ordentlichen Job verdammt, sonst gibt`s Ärger mit`m Chef!“  Schüler 2: „Mit’m m Hruschka?“ Schüler 1: „Naa! Mit`m Hauptmann!“

Ein weiterer  Dialog lässt ebenfalls einen Blick in die Leistungstiefe dieser Klasse zu:

Es begab sich bei einer Grippewelle, dass mehrere Lehrkräfte krank waren und die Klasse um 8.00 Uhr unversorgt war. Kurz darauf – also etwa eine halbe Stunde später – stehen zwei Schüler der 9+2 bei mir in der Tür mit den Worten „Mir hamm kann Lehrer“! Meine Antwort: „Ich sehe zu, dass einer zu Euch kommt“. Stimme eines dritten Elftklässlers von hinten: „Mir hamm gnuch zu tun, mir könna etz kann Lehrer brauchen!“ Und so kam es dann auch.

Trotzdem gab es mehr als eine Lehrkraft, die manche Unterrichtsstunde als „Joggen mit Gummistiefeln im Sumpf“ empfand. Auch Herr Meyer. Dankt dem Herrn auf Knien, dass ihr ihn hattet und keinen anderen. Über 100% Erfolgsquote braucht man nicht zu diskutieren. Und doch war es auch für mich eine gänzlich neue Erfahrung dass dieser – positiv gemeint, wie ich immer positiv über meine Lehrer spreche – Gemütsbär an seine Geduldsgrenzen zu bringen ist.

Und nun zu euch, liebe Neunte: Wäre ich Casanova, der in Venedig sitzend seine Biographie niederschrieb, könnte ich über Dich, liebe 9. guten Gewissens schreiben: Du warst eine meiner großen Lieben. Damit ist eigentlich alles gesagt. Was für eine Klasse! Diese Melange aus Lichtenauer, Sachsener, Eschenbacher, Mitteleschenbacher und Merkendorfer Schülern! Hätte ich Herrn Rott damals gesagt, er würde sie mit 95% Bestehensquote zum Quali führen, hätte er mit Sicherheit die Gegenfrage gestellt, was ich seit Neuestem rauche. Dem Thomas Rott - und ich sage ganz bewusst „Thomas“, weil es da bei ihm ein ganz eigenes Ritual gibt – habt ihr ganz, ganz viel zu verdanken. Zumal es seine erste 9. Klasse war, die er zum Quali geführt hat. Wir sind zusammen durch alle Höhen und Tiefen gegangen – und, eigentlich sind wir heute Abend nicht eine Person mehr? Wer würde sich in dieser Stunde, in der diese Klasse auseinandergeht, nicht an unsere liebe Janine Schwamm erinnern? Wer könnte behaupten, sie wäre heute Abend – so wie sie es sagte – nicht auch bei uns?

Wir haben alles geteilt. Wir sind durch Höhen und Tiefen gegangen. Wir haben – im doppelten Wortsinne -  Schlachten geschlagen. Vor allen Dingen in GSE. Jeden Donnerstag, erste und zweite Stunde. Mir tat jede dieser Stunden leid, die ich nicht halten durfte. Ich werde es vermissen. Ich werde Euch vermissen, liebe Neunte, liebe Elfte! Sicherlich, einige der 9. bleiben mir durch ihren Wechsel in die 9+2 erhalten. Und ich möchte hier und heute Abend körperwichtige Teile dafür verwetten, dass genau diese Schüler genauso wie heute in zwei Jahren wieder hier stehen werden und wir ihnen dann ihre Mittlere Reife aushändigen werden können.

Was soll ich euch mit auf den Weg geben? Einer der schönsten Sätze die ich kenne, mit dem man einem Menschen gegenüber zum Ausdruck bringt wie wichtig er einem ist, lautet: „Für die Welt bist du irgendjemand, aber für mich bist du die Welt.“ Für uns Lehrer, die wir Euch jahrelang begleitet haben, wart ihr die Welt. Und diese Welt war schön und wunderbar. Es war uns eine Ehre, diese Welt für euch gewesen zu sein. Es war mir eine Ehre, Euer Schulleiter gewesen zu sein.

Danke für die Zeit mit Euch.


© Copyright by:Volksschule  Wolframs-Eschenbach (Thomas Rott)
Juli 2015